Wahlen 2019: Wende?

 Rückblick auf die Parlamentswahlen 2019:

"Grüne Wende" oder kurzes Intermezzo?

 

 

Es war vertrackt: Hunderte von Kandidierenden auf Dutzenden von Wahllisten - und trotzdem konnten wir keine Wahlempfehlung abgeben! Siehe unten.

Wir haben grossen Respekt für alle, die die Mühen einer Wahlkampagne auf sich genommen haben, sich vielleicht sogar als Gewählte im Parlament bewähren müssen. Und unsere Hochachtung gilt all jenen, die im hürdenreichen Politbetrieb in unserem Sinne zu wirken versuchen.

 

Aber im Laufe der Jahre haben wir verstanden: Politik im Sinne der Décroissance-Bewegung ist im institutionellen Rahmen praktisch chancenlos. Dieser Rahmen ist eng gesteckt, die Leitschnur heisst zu eindeutig: Wachstumswirtschaft, auch für Linke, Grüne und erst recht Gewerkschafter.
Wer diesen Irrweg ernsthaft infrage stellt, muss sich oft mit der Rolle eines Hofnarren begnügen; mit der nur kleinen Hoffnung, in den Köpfen ganz, ganz langsam etwas zu bewegen. Aber grosse Würfe, Ruhm und Ehre sind nicht zu erwarten. Deshalb ist diese Rolle unattraktiv für „Polit-Tiere“.

 

Was ist nun von dieser angeblichen grünen Wende zu erwarten? Soviel vorweg: Zu grosse Hoffnungen sind fehl am Platz.
Viele frotzeln ja schon, dass in 4 Jahren wieder alles umgedreht werden kann. Wie auch immer:

Schon die Leistungsbilanz der letzten Legislatur ist äusserst dürftig. Die langjährigen Baustellen Gesundheitskosten, Rentenalter und AHV, Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern, Rahmenvertrag mit der EU, Klimaproblematik, Energiepolitik, Hochpreisinsel oder Verkehrsproblematik sind kaum vorangekommen.

Die Parteien glauben, mit wohlklingenden Versprechungen oder dem Schüren von Ängsten politisch interessierte oder unzufriedene Kreise ins Boot holen zu können. Doch die Wahlbeteiligung ist weiter rückläufig, alle Bundesratsparteien sind von einem Stimmenverlust betroffen. Auch wenn man diesmal viele Frauen und junge Wähler neu mobilisiert hat, so fällt die Abkehr der Politverdrossenen viel stärker aus als dies auf den ersten Blick ersichtlich wird. Ohne Grüne Welle und die Mobilisierung von Frauen und Jungen wäre die Stimmbeteiligung noch weiter auf gegen 40% abgesackt!

Die Abwahl von Exponenten der Wirtschaft, der Gewerkschaften sowie der Krankenkassen passt in dieses Bild.

Geht es uns zu gut, oder haben Bundesrat, Parlament und Parteien so massiv an Glaubwürdigkeit verloren?

 

Die Décroissance-Bewegung möchte sich jedenfalls nicht auf die Hofnarrenrolle beschränken. Gemeinsam mit anderen gesellschaftskritischen Kräften strebt sie einen Ausstieg aus der Wachstumswirtschaft an. Die alternativen Wege zur institutionellen Politik erfordern Geduld, Beharrlichkeit und Fantasie. Bei Décroissance Bern widmen wir uns seit bald zehn Jahren mit unseren bescheidenen Mitteln dieser Pfadfinderarbeit. Wer mithelfen will, ist herzlich willkommen.

 

 

  

 

Wahlempfehlungen für Parlamentswahlen?
 

Wir werden öfters gefragt, ob wir diese oder jene Person, Partei oder Programme empfehlen können.

Dies haben wir (im Gegensatz zu Abstimmungsparolen) bisher nicht gemacht.
Wir tun uns sehr schwer damit.

 

Sehr vereinfacht ausgedrückt liegt ein Hauptgrund in der Gefahr, durch ständige politische "Schadensbegrenzung", z.B. mit Umweltschutz oder Sozialpolitik, sprich: ökologischer oder sozialer "Abfederung" der Ausbeutung, letztlich genau diese Ausbeutung, dieses heutige System mit seinem Primat dieser Wirtschaft, weiterhin zu stützen.

 

Natürlich soll man diese Abfederung machen, und natürlich sind der Décroissance-Bewegung soziale und grüne Anliegen näher als das "Business as usual" der Wirtschaftsparteien. Dennoch werden von niemandem konsequent die richtigen Fragen und Forderungen gestellt.

 

Man kann somit als Wähler/in nur versuchen, «so wenig falsch wie möglich» zu wählen.
So gesehen, verwandelt sich die scheinbare «Qual der Wahl» aus Hunderten von Kandididierenden unversehens in eine «Pflicht zu einem Ausschlussverfahren».
Das ist die einzige Strategie, die wir im Moment wachstumskritischen Wählenden empfehlen können. 
Beispiel:

  1. Ich schliesse alle Gruppierungen aus, deren Programm Wirtschaftsnähe signalisiert.
    Das ist im politischen Spektrum alles halb oder ganz rechts.
  2. Ich schliesse Kleinparteien in der linken Hälfte aus, welche keine Listenverbindungen eingegangen sind. Denn sonst verpufft meine Stimmabgabe ins Leere, weil sie keine Wahlchancen haben.
  3. So oder mit weiteren Ausschlusskriterien lande ich bei einer Gruppierung oder bei Einzelpersonen von Gruppierungen im rotgrünen Bereich.
  4. Hier schliesse ich Personen aus, deren Kandidatur mir suspekt ist, und ich kumuliere diejenigen, denen ich «am wenigsten misstraue».